Lärmschutz durch Tempo 30 auf der Bruggerstrasse Baden

Das Strassenlärm-Nachsanierungsprojekt für die vielbefahrene Bruggerstrasse in Baden ist aus Sicht des VCS gesetzeswidrig. Lärm muss laut Umweltschutzgesetz an der Quelle bekämpft werden, und wenn ein lärmarmer Belag allein nicht zielführend ist, müssen auch unpopuläre Massnahmen wie eine Geschwindigkeitsreduktion in Betracht gezogen werden.

Das Strassenlärm-Nachsanierungsprojekt für die vielbefahrene Bruggerstrasse in Baden ist aus Sicht des VCS gesetzeswidrig. Lärm muss laut Umweltschutzgesetz an der Quelle bekämpft werden, und wenn ein lärmarmer Belag allein nicht zielführend ist, müssen auch unpopuläre Massnahmen wie eine Geschwindigkeitsreduktion in Betracht gezogen werden. Deshalb hat der VCS Aargau zusammen mit 19 Anwohnerinnen und Anwohnern Einwendung gegen das Projekt erhoben.

In den letzten 30 Tagen lag das Strassenlärm-Nachsanierungsprojekt für die vielbefahrene Bruggerstrasse in Baden öffentlich auf. Der Kanton Aargau, als Eigentümer der Bruggerstrasse zur Lärmsanierung verpflichtet, schlägt darin den Einbau von lärmreduzierenden Strassenbelägen und punktuell den Einbau von Schallschutzfenstern und Schalldämmlüftern vor. Das kostengünstigste und wirksamste Mittel gegen Strassenlärm, eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit, schliesst er aber kategorisch aus. Dagegen wehrt sich der VCS Aargau zusammen mit 19 Personen, die unmittelbar vom übermässigen Lärm der Bruggerstrasse betroffen sind. Nur mit einer Geschwindigkeitsreduktion lassen sich die Ziele der massgebenden Lärmschutzverordnung des Bundes zu erreichen. Gleichzeitig bringt Tempo 30 mehr Sicherheit für den Fuss- und den Veloverkehr und verbessere die Aufenthaltsqualität im Strassenraum.

Sanierungspflicht schon 36 Jahre verschleppt

Lärm ist nicht nur lästig, Lärm macht krank. Seit Inkrafttreten der Lärmschutzverordnung des Bundes (LSV) im Jahr 1987 stehen die Kantone in der Pflicht, ihre Strassen so zu sanieren, dass die definierten Lärmgrenzwerte eingehalten werden. Dabei sieht das Umweltschutzgesetz, auf dem der Lärmschutz beruht, primär Massnahmen an der Quelle vor. Lärm soll also nach Möglichkeit gar nicht erst entstehen.

Die Kantone kamen ihrer Sanierungspflicht nicht nur zögerlich nach, sondern sie ritztenn dabei auch bewusst das Gesetz. Anstatt die Entstehung von Lärm zu bekämpfen, subventionierten sie für besonders stark belastete Liegenschaften, deren Lärmbelastung über dem Alarmwert der LSV liegen, Schallschutzfenster. Massnahmen an der Quelle wurden kategorisch ausgeschlossen, weil sie in Konflikt zum Strassenverkehrsgesetz stünden, das innerorts generell Tempo 50 vorsieht. Das Interesse des Strassenverkehrs wurde also bewusst über den Gesundheitsschutz gestellt.

Bis heute haben es Geschwindigkeitsreduktionen aus Lärmschutzgründen politisch schwer, gerade auch im Kanton Aargau. So schliesst die Regierung für das Nachsanierungsprojekt Bruggerstrasse

 

 

Geschwindigkeitsreduktionen aus, ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Gutachten überhaupt zu erarbeiten: Eine Vorprüfung habe ergeben, dass «das Herabsetzen der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h nicht dem Erscheinungsbild des Strassenabschnitts entsprechen» würde. Entsprechend hoch wäre die Tempoüberschreitungsquote, heisst es im Vorprüfungsbericht. Und: Die herabgesetzte Geschwindigkeit würde «von den Verkehrsteilnehmern als Schikane wahrgenommen». Schonung der motorisierten Verkehrsteilnehmenden statt Lärmschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner? Was rein politisch motiviert ist, gilt rechtlich als nicht mehr haltbar. Gesundheitsschutz geht den Bedürfnissen der motorisierten Verkehrsteilnehmenden vor.

Gerichte schärfen Tempo 30 als Lärmschutzmassnahme – auch auf Hauptverkehrsstrassen

Nach zweimaliger Verlängerung um insgesamt 15 zusätzliche Jahre lief die 1987 in der Lärmschutz­verordnung gesetzte Frist für die Lärmsanierung von Strassen im Frühling 2018 definitiv aus. Doch viele Strassenabschnitte im Kanton Aargau verursachen nach wie vor zu viel Lärm; bei unzähligen Liegenschaften werden die Grenzwerte nicht eingehalten, bei tausenden wird gar der Alarmwert überschritten.

Die Bruggerstrasse in Baden ist nur ein Beispiel dafür: Obwohl im Jahr 1998 bereits ein erstes Mal saniert, werden bei 139 Liegenschaften bis heute die geltenden Grenzwerte der Lärmschutzverordnung überschritten. Fast 2500 Personen sind hier von übermässigem Lärm betroffen. Deshalb muss der Kanton die Bruggerstrasse erneut sanieren. Für den Einbau von Schallschutzfenstern, Schalldämmlüftern und einem lärmarmen Belag will er sich nochmals ganze 20 Jahre Zeit nehmen, nachdem seit Inkrafttreten der Sanierungspflicht bereits 36 Jahre ins Land gezogen sind.

Pikant: Auch nach Umsetzen der Massnahmen werden von den 139 betroffenen Liegenschaften an der Bruggerstrasse immer noch 130 über den Immissionsgrenzwerten liegen. Für diese Liegenschaften beantragt der Kanton sogenannte Erleichterungen. Das bedeutet, dass die Gebäude als lärmsaniert gelten sollen, obwohl das Sanierungsziel verfehlt wird. Diese Praxis der Papiersanierung hatte das Bundesgericht im Fall Luzernerstrasse in Kriens zu beurteilen. Das im März erschienene Urteil anullierte die wesentlich auf Erleichterungen basierende Lärmsanierung und wies den Kanton Luzern an, den Lärmschutz an der Luzernerstrasse erneut zu prüfen. Dabei anerkannte das Bundesgericht explizit Tempo 30 als wirksame Massnahme. Schon mit dem Urteil im Fall Grabenstrasse in Zug hatte das Bundesgericht 2014 Tempo 30 als geeignete Lärmschutzmassnahme auch auf Hauptverkehrsstrassen anerkannt. Es gibt also keine rechtliche Grundlage mehr, Geschwindigkeitssenkungen zur Erreichung der Ziele des Lärmschutzes auszuschliessen.

Die Kosten für die Lärmsanierung der Bruggerstrasse würden nach heutigem Kostenstand rund 6 Millionen Franken betragen. Das Ziel, ein bestmöglicher Schutz vor Lärm, würde hingegen verfehlt.

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